cover bb 07 2021Bis Dezember 2019 war der Begriff Corona vielen nur als Erscheinung an Sonne oder Mond geläufig. Katholiken kannten vielleicht noch den Namen der Heiligen Corona, der Patronin des Geldes, der Metzger und Schatzgräber.
Seitdem hat es einen unvergleichlichen „Siegeszug“ des Begriffs gegeben, der massive Eingriffe in das Alltagsleben mit sich brachte und schon für Kinder im Kindergartenalter oder der Schule alltäglich geworden ist.
Impferfolge und der Rückgang der Inzidenzen seit Mai 2021 lassen ein Aufatmen in der Gesellschaft verspüren. Also warum nun noch mit Corona beschäftigen, wenn der Sommer doch so viel Verbesserung verspricht. Die Pandemie hat in vielfältiger Weise eine weltweite Verstrickung und Verwobenheit an den Tag gelegt, sich rasend ausgebreitet über alle Kontinente. Die offensichtliche Bedrohung an Leib und Leben blieb aber keine ausschließlich gesundheitsrelevante Fragestellung. Verschiedene Dimensionen, die auch über die Pandemie hinaus Konsequenzen erfordern, macht Prof. Nico Dragano, Medizinsoziologe an der Uni Düsseldorf, in einem Interview mit der TAZ im Februar 2021 deutlich:

„ …Wer arm ist, hat also eine höhere Wahrscheinlichkeit, an Corona zu erkranken? Genau. Untersucht wird der Zusammenhang häufig über die regionale Verteilung der Infektionen. Da gibt es verschiedene Faktoren, daher ein Beispiel: Gebiete mit im Schnitt niedrigeren Einkommen haben insbesondere in der späteren Phase der Pandemie oft ein höheres Infektionsrisiko als Regionen, in denen Gutverdienende leben. Die sozioökonomische Lage korreliert also mit den Fallzahlen. Gibt es auch Unterschiede beim Krankheitsverlauf?
Ja, sogar große. In einer Studie haben wir anonymisierte Datensätze einer großen Krankenkasse zu schweren Coronaverläufen analysiert. Aus denen konnten wir ablesen, dass Langzeitarbeitslose,also Hartz-IV-Beziehende, ein 94 Prozent höheres Risiko aufwiesen, mit einem schweren Coronaverlauf im Krankenhaus behandelt zu werden, als Menschen in einem regulären Beschäftigungsverhältnis. Auch Kurzzeitarbeitslose und Ergänzer haben ein erhöhtes Risiko. All das sind Menschen, die mit geringen Ressourcen auskommen müssen.“
Und weiter heißt es indem Interview:
„… Beispielsweise die Wohnlage. Es gibt mittlerweile viele Studien,  die auf den Einfluss von Umweltfaktoren auf die Gesundheit hinweisen. Beispielsweise wohnen an viel befahrenen Straße mit hoher Schadstoffbelastung eher Menschen mit niedrigerem Einkommen. Dazu kommen Faktoren wie Erziehung. Aber auch psychische Belastungen, die durch die Arbeitslosigkeit verursacht werden. Was hinterall dem steht ist die Erkenntnis: Armut macht krank. …“
Auszug aus: https://taz.de/Soziologe-ueber-Corona-und-soziale-Spaltung/!5752996/ aufgerufen am 8.6.2021

Es wächst die Erkenntnis, dass die Pandemie ein Bündel von gesellschaftlich relevanten und das Leben der Menschen bestimmenden Faktoren ins öffentliche Bewusstsein spült. Für die in einfachen und prekären Lebensverhältnissen „ihr Dasein Fristenden“ wirken Corona-Regeln, Lockdown, Homeoffice u.a.m. als Stress, Überforderung oder auch Einsamkeit auslösend. Ausgelöst durch die Hartz-IV-Gesetze (in Kraft getreten 1.1.2005) hat sich in der Bundesrepublik der Ausbau prekärer Beschäftigung exponentiell entwickelt. Nicht nur Unund Angelernte verrichteten diese Arbeiten. „Jede Arbeit ist besser als keine“ wurde zum Zuchtmeister gesellschaftlichen Drucks und dokumentierte das Denken vieler Ökonomen und Wirtschaftslenker, die diesen Tätigkeiten und den Erbringern der Leistungen gesellschaftliche Minderwertigkeit und geringe Entlohnung zuwiesen – ansonsten drohte Automatisierung oder die Abwanderung ins Ausland. Im Rahmen der Dialogtagung des Koordinationskreises Arbeitsloseninitiativen im Bistum Aachen mit dem Thema „(doppelt) abgehängt durch Covid 19-Forderungen und Perspektiven für den Arbeitsmarkt“ – das Bündnis für Menschenwürde und Arbeit war hier Mitveranstalter – wurden die Krisenphänomenein ihrer Vielzahl deutlich herausgearbeitet: Unter der Oberfläche der Corona-Pandemie existiert eine Serie ineinander verwobener, ,,kaskadierender Krisen“:
• Ausgangspunkt: Gesundheitskrise durch Sars-Cov-2, vor allem für Ältere, Risikogruppen und sozial Schwache (Dragano et al. 2020,
2021).
• Krise des öffentlichen und privaten Gesund heitssystems durch Überlastung der Krankenhauskapazitäten (Strametz et al. 2020, Gandjour 2020).
• Wirtschaftliche Krise in Branchen, die im besonderen Maße von den Eindämmungsmaßnahmen betroffen sind (Schließungen des nicht-systemrelevanten Einzelhandels, Gastronomie, Kultur, Tourismus usw.) (Czypionka et al. 2020 (...)

Lesen Sie weiter im Bündnisbrief Sommer 2021

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